FRIEDRICH HEBBEL
Kennen S i e diese außergewöhnliche Persönlichkeit und sein Werk?
W i r laden Sie ein, den Dichter und Menschen kennen zu lernen.
Nicht nur trockene biografische Daten, sonder kurze Umrisse aus dem Leben und Werk des größten Dramatikers deutscher Sprache des 19. Jahrhunderts sollen Sie künftig begleiten. Hebbel wurde viele Prädikate verliehen wie "Dichter der Menschenwürde", "Dichter der Zeitenwende", "Dichter der Notwendigkeit" und "Dichter der Frau".
Die Gesellschaft hat die Frau emanzipiert, der Mann muß sie emanzipieren.
Seine Lyrik ist von besonderem Reiz. Von der Intuition zum tiefen Gefühl zur bildlichen Anschauung – mündend in den Urgrund des Seins.
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Ich und du Wir träumten von einander Und sind davon erwacht, Wir leben um uns zu lieben Und sinken zurück in die Nacht.
Du tratst aus meinem Traume Aus deinem trat ich hervor, Wir sterben, wenn sich eines Im andern ganz verlor.
Auf einer Lilie zittern Zwei Tropfen, rein und rund, Zerfließen in eins und rollen Hinab in des Kelches Grund.
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Hebbels Tagebücher zählen - nach Golo Mann - zu den bedeutendsten 100 Büchern der Weltliteratur. Nach Anfangserfolgen mit JUDITH und GENOVEVA gelang ihm der Durchbruch als Dichter erst in Wien, wo er sein persönliches Glück in Christine Enghaus(en), k.k. Hofschauspielerin am Wiener Burgtheater gefunden hat, in Wien, das seine Wahlheimat bis zum Tode geblieben ist.
GEBOREN wurde CHRISTIAN FRIEDRICH HEBBEL am 18. März 1813, im Jahr der Völkerschlacht bei Leipzig, die Europa verändern sollte. Als Sohn eines Maurers verbrachte er eine harte, entbehrungsreiche Kindheit, die er mit seinem Bruder Johann teilte. Nach dem Verlust des eigenen kleinen Hauses infolge einer übernommenen Bürgschaft erfolgte der gesellschaftliche Abstieg in die letzte „Klasse" der Dorfgemeinschaft. Bestrafungen durch den Vater waren an der Tagesordnung. „Die Armut hatte seine Seele eingenommen."
Nach dem frühen Tod des Vaters gelangte Friedrich von der warmherzigen Mutter „Krischan" genannt über die Vermittlung der Lehrerfrau zum Kirchspielvogt Mohr als Laufbursche (siehe Bild rechts). Danach stieg er zum Kirchspielschreiber auf - mit eigener Schreibstube. Zum Gesinde gehörig hatte er seine Bettstatt mit dem Kutscher unter der Treppe der Kirchspielvogtei vom 14.-21. Lebensjahr zu teilen. Die Bibliothek des „Prinzipals" aber stand ihm offen. In einer Scheune gründete er sein Theater, und hegte damals den Traum Schauspieler zu werden (siehe Bild unten). |
Kirchspielvogt Mohr - Auf Bild klicken um zu vergrößern
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Hebbels Liebhaberbühne, Wesselburen/Schleswig-Holstein - Auf Bild klicken um zu vergrößern
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Erst die Schriftstellerin Amalie Schoppe (siehe Bild links), die zuerst einige Gedichte von Hebbel veröffentlicht hatte, holte ihn nach Hamburg, um ihm die versäumten Studien nachholen zu lassen. Fortan wurde er von „Gönnern" und an „Freitischen" verköstigt, am Leben erhalten. Im Kreise Schoppes lernte er Elise Lensing kennen, die ihm, fast zehn Jahre älter als er, Freundin, Gefährtin und Trösterin während der Studien- und Hungerjahre wurde. Den Lehrberuf, den sie erlernt hatte, übte sie nur kurz aus, hatte danach einen „Tabakladen" und einige Zeit auch eine Dienstmagd beschäftigt. Auf Wunsch Amalie Schoppes begann Hebbel ein Jurastudium, das er bald abgebrochen hatte. Er teilte „nach allgemeiner Erfahrung" seine Meinung über „Justitia" mit den Dichtern Georg Büchner und Anton Wildgans, denen es unmöglich war, einen „Richterberuf" auszuüben. Hebbels Studien führten ihn über Heidelberg, Straßburg und Stuttgart nach München. Dort angekommen, hatte er sich entschlossen, Philosophie zu studieren, nachdem er vorher „mal mit diesem, mal mit jenem Ringelhäubchen" herumgelaufen war. Hier in München hatte er das Glück im Studenten Emil Rousseau einen wahren engen Freund zu finden (siehe Bild rechts). Doch gleichzeitig mit der Nachricht vom Tode seiner Mutter wurde ihm dieser Freund durch plötzlichen Tod entrissen. Selbstvorwürfe quälten ihn, begleitet von der Trauer um den Verlust. Der Vater Emil Rousseaus, der hohes Ansehen genoss, ermöglichte Hebbel die Einreichung einer Inauguraldissertation an der Universität Erlangen, wo er laut Urkunde zum
Magister der Künste und Wissenschaften und Doktor der Philosophie
promovierte. Allerdings konnte er das Dokument nicht einlösen, da wieder Geld fehlte. Erst aus Wien bekam er die Möglichkeit, die Urkunde zu erhalten. Von München nahm Hebbel Abschied im März 1840. Dorthin kam er immer wieder gerne zurück.
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Amalie Schoppe - Auf Bild klicken um zu vergrößern
Emil Rousseau - Auf Bild klicken um zu vergrößern
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Der Englische Garten war Hebbels Lieblingsplatz in München - auf Bild klicken um zu vergrößern
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Hebbels Wohnung in Hamburg am Stadtdeich - Auf Bild klicken um zu vergrößern
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Storchennest, Amalia Shoppes Wohnung - Auf Bild klicken um zu vergrößern
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Auf der großteils zu Fuß zurückgelegten Wanderung von München nach Hamburg ohne Wintermantel, sein kleines Hündchen - ein Geschenk Emil Rousseaus - lange Strecken unter dem Rock tragend, erreichte er schwer krank Hamburg. „Nur ein Stern, Elise!" Elise Lensing pflegte Hebbel gesund - und sein Hündchen. Kaum genesen entstand sein erstes Drama „Judith", kurz danach „Genoveva". Julius Campe fand sich als Verleger und blieb es fortan. Da in Hamburg keinerlei Aussicht auf einen Lehrstuhl als Lebensunterhalt für sich und Elise mit seinem Sohn Max bestand, wandte sich Hebbel an seinen Landesherrn König Christian VIII von Dänemark um Unterstützung (siehe Bild rechts). Dieser bewilligte Hebbel ein Reisestipendium auf zwei Jahre, das ihn über Paris, Rom und Neapel führte. In Paris vollendete er sein Drama „Maria Magdalena", das erste Trauerspiel im kleinbürgerlichen Milieu- in die Zukunft weisend! bis heute das am meisten gespielte Werk Hebbels. Die Neuentdeckung der „Nibelungen" erfolgte erst um das Jahr 1984 (Berlin und Graz) nach einer stillezun Periode nach dem 2. Weltkrieg, mit großem Erfolg. „Judith" nimmt eine Sonderstellung ein. Der Bogen der großen Frauengestalten spannt sich über „Agnes Bernauer" bis zu „Herodes und Marianne". Die Zeitgenossische Oper nach Hebbel von Siegfried Mattus 1987 wurde in Berlin mit großen Erfolg aufgeführt. Eine Wiener Festwochenaufführung musste wegen Erkrankung der Hauptdarstellerin abgesagt werden.
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König Christian VIII von Dänemark - Auf Bild klicken um zu vergrößern
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In Paris fand Hebbel einen Führer und Begleiter in Felix Bamberg, späterer Konsul in Nizza, Herausgeber von großen Teilen aus Hebbels Nachlass. In Paris erreichte ihn auch die Nachricht vom Tod seines kleinen Sohnes Max. Von Selbstvorwürfen gepeinigt, und um Elise Trost zu sein, schrieb er ihr, sie möge sofort nach Paris kommen und sie würden vor der „Mairie" (dem Rathaus) die Ehe schließen. Elise zögerte wegen der Strapazen einer Reise. Bamberg als Freund, malte Hebbel die Folgen einer übereilten Heirat aus. Hebbel teilte bisher sein Stipendium mit Elise und seinem Sohn, doch wie sollte die Zukunft werden?
Am 26. September 1844 schrieb Hebbel in sein Tagebuch: „...Paris wird immer der Mittelpunkt meiner Wünsche bleiben. Lebe wohl, du schöne herrliche Stadt, die mich so gastfreundlich aufnahm! Empfange meinen wärmsten Segen! Blühe länger als alle Städte der Welt zusammengenommen."
Paris Louvre - auf Bild klicken um zu vergrößern
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Seine-Ufer Abschied - auf Bild klicken um zu vergrößern
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Auf der Reise nach Rom schrieb er sein originelles „Diarium". Seine ständigen Begleiter waren auch in Rom Krankheit und Geldnöte, doch wieder fand er einen Freund, den Maler Louis Gurlitt aus Altona (siehe Bild rechts). Wunderbare Gedichte und Epigramme entstanden, doch sein begonnenes Drama „Moloch" wollte nicht fortschreiten. Seine Vision war ein Melodram, Text und Musik gleichrangig in der Vertonung von Robert Schumann. Von Schumann stammt die Oper „Genoveva" und weitere Vertonungen nach Hebbel. Es gibt über 200 Hebbel-Vertonungen, die bekanntesten von Johannes Brahms, Peter Cornelius, Max Reger u.A.
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Louis Gurlitt - Auf Bild klicken um zu vergrößern
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Neapel und der Vesuv machten auf Hebbel einen besonderen Eindruck. Sie inspirierten ihn zu tief empfundenen Naturschilderungen, die bis heute jeden Leser fesseln. Da das Reisestipendium nicht verlängert wurde, stand wieder ein Abschied bevor, diesmal aus Neapel. Ein Vergleich mit Goethes Eindrücken, der immer wieder angestellt wird, trifft daneben, berücksichtigt man Hebbels vollkommen andere Lebensumstände. Unvergesslich bleiben ihm das gewaltige Erlebnis des Feuer speienden Vesuvs und die Frauen von Neapel, denen er mit seinem Gedicht „Venerabile in der Nacht" huldigt.
"...im Ganzen bestätigte sich mir die allgemeine Erfahrung, dass man in Italien etwas zurücklässt, was man nur dort loswird, und aus Italien etwas mit fortnimmt, was man nur dort erlangt. Auch ich datiere seit meinem römischen Aufenthalt eine neue Epoche."
Rom - Das Pantheon - auf Bild klicken um zu vergrößern
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Der Golf von Neapel - auf Bild klicken um zu vergrößern
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Noch immer war Hebbel mit Elise und seinem zweiten Sohn Ernst, den sie geboren hatte, brieflich verbunden, doch die Entfremdung war längst eingetreten. Hebbel hatte ein anderes Leben kennen gelernt! „...nicht mehr von allem ...ausgesperrt zu sein, wie ein Hund." So beschloss er, nicht mehr nach Hamburg zurückzukehren, wo er als Dichter keine Zukunft sah. Sein erstes Ziel sollte Wien sein, um Fuß fassen zu können. Danach wollte er es in Prag, weiter in Berlin oder Leipzig versuchen.
An sich selbst - und ein Wunder- glaubte er noch! „...es muss geschehen, wenn ich nicht zugrunde gehen soll!" Und es geschah in WIEN. |